Die
Ae 8/8 der
BLS bzw. die im Volksmund
«Muni» (Bulle) genannte Doppellokomotive erregte die Gemüter europaweit. Sie steht noch heute sinnbildlich für die
BLS und gilt als die
bekannteste BLS-Lokomotive schlechthin. Viele internationale Touristen hatten eine braun lackierte Ae 8/8 an ihrem Ferienreisezug in den Süden vorgespannt.
Inhaltsverzeichnis
Die
BLS Lötschbergbahn der Schweiz sorgte seit ihrer Gründung im Jahr 1906 immer wieder für Aufsehen. Als eine der grössten Pionierleistungen darf die Festlegung zur
Elektrifizierung der Lötschberg-Bergstrecke mit Einphasen-
Wechselstrom betrachtet werden. Dass dieses Projekt auch eigens für die
BLS konstruiertes Rollmaterial für die Zugförderung mit sich zog, versteht sich fast von selbst. Eine Eigenheit, welche in der Geschichte bis in die heutige Zeit spür- und merkbar ist. Anders als beim Vorgängermodell
Ae 6/8 verfügte die neue Lokomotive über keinen
Sécheron-Antrieb mehr, der vor allem bei den
SBB sehr verbreitet war.
Damit das
Verkehrswachstum am Lötschberg auf der Achse Bern–Thun–Spiez–Brig bewältigt werden konnte, musste die
BLS die Fahrgeschwindigkeit auf der weitgehend einspurigen Bergstrecke erhöhen. Diese führte inmitten des Zweiten Weltkriegs zu Überlegungen zur Beschaffung eines neuen, leistungsfähigen und gleichzeitig schnellen Triebfahrzeugtyps – der braunen
Ae 4/4. Damit läutete die
BLS eine neue Epoche ein.
Mitte der
1950er-Jahre konnten die
Zughakenlasten auf den
27-Promille-Rampen des Lötschbergs in der Schweiz von 740 auf 900 Tonnen erhöht werden. Für die
BLS war dies Segen und Fluch zugleich.
In Abklärung mit der Industrie wurde vom Traktionsdienst der
BLS in Erwägung gezogen, die sich im Bau befindlichen Ae 4/4 259 und 260 in eine
fix zusammengebaute Doppellok Ae 8/8 271 umzuwandeln. Man konnte so gleich noch zwei Führerstände und damit rund 110 000 CHF einsparen. Durch Hinausschieben von anderen Projekten konnten die erforderlichen Gelder für den Kauf einer zweiten Ae 8/8 272 bereitgestellt werden. Bereits 1961 tauchte in den Mehrjahresplanungen der
BLS die Beschaffung einer dritten Ae 8/8 273 auf. Die späteren Loks 274 und 275 entstanden durch
Umbau von vier Ae 4/4.
Beim Bau der
BLS Ae 4/4 galten verschiedene Konstruktionsforderungen. Sämtliche Bauteile mussten konsequent gewichtsoptimiert werden. Des Weiteren galt es gute
Laufeigenschaften zu erzielen, welche auch im Betrieb und mit abgenützten Bauteilen sichergestellt werden mussten. Möglichst
niedrige Unterhaltskosten wurden ebenfalls angestrebt. Im Laufe Ihrer Karriere kam es zu zahlreichen Änderungen an den ursprünglich acht Lokomotiven.
Grundsätzlich besteht die ebenfalls braune
Ae 8/8 Lokomotive der
Lötschbergbahn aus zwei spielfrei gekuppelten Ae 4/4 Lokomotiven. Drehgestelle, Triebmotoren und praktisch alle elektrischen und pneumatischen Apparate, mit Ausnahme des Stufentransformators, waren mit denjenigen Komponenten der vorhandenen Ae 4/4-Lokomotiven auswechselbar.
Loktyp |
Ae 4/4 |
Ae 8/8 |
Baujahre |
1944-1955 |
1969-1966 |
Hersteller |
SLM/BBC |
SLM/BBC |
Länge über Puffer |
15600 mm |
30230 mm |
Achsabstand total |
11500 mm |
26130 mm |
Triebraddurchmesser |
1250 mm |
1250 mm |
Dienstgewicht |
80 t |
160 t |
Leistung |
2945 kw |
6475 kW |
Höchstgeschwindigkeit |
125 km/h |
125 km/h |
Bereits kurz nach Ablieferung der Ae 4/4 251 begannen deren erste Einsätze welche vorerst im
Güterverkehr stattfanden. Die Fahrten wurden jeweils auch von der Industrie begleitet und auch als
Messfahrten verwendet. Auf Anfang 1945 gelangte die Lokomotive in den
Schnellzugsverkehr. Ausser kleineren Kinderkrankheiten, welche recht schnell behoben werden konnten, erfüllte respektive übertraf die Maschine die in sie gesetzten Erwartungen.
Primär für den schweren Güterverkehr am Lötschberg beschafft, kam die erste
Ae 8/8 271 nach ihrer Ablieferung gleich auch in entsprechende Einsätze, wo sie sich schnell bewährte und zu einer Effizienzsteigerung des Betriebes führte.
Mit der neuen
Doppellokomotive hingegen konnten nun auch schwere Züge mit nur einem Lokomotivführer geführt werden.
Während die
Ae 4/4 251 als
historische Lok auserkoren wurde, gelangte die 258 am 25. März 2006 ins Verkehrshaus, wo sie seither ausgestellt ist. Kurz vor ihrem Dienstende erhielten die immer noch braun lackierten Ae 8/8 noch die
UIC-konforme Bezeichnung Ae 485, nicht zu verwechseln mit der
SBB Re 485. Die Ae 8/8 273 gehört seit dem Jahr 2002 zum historischen Park der
BLS-Stiftung, ist aber heute als Leihgabe an
EXCH abgegeben. Der Verein ist derzeit daran ein Revisionskonzept für die Lokomotive auszuarbeiten. Nicht überlebt haben die Loks 271, 272 und 274. Die Ae 8/8 275 wird künftig wohl als Ersatzteilspenderin dienen.
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Peter Hürzeler / Hans Roth
Ae 8/8 BLS
144 Seiten, 156 Farb- und s/w-Abbildungen,
16,5 x 23,5 cm, Hardcover
CHF 39,90
ISBN 978-3-906691-86-2